Kränkung
Kränkungen sind in der Regel emotionale Reaktionen auf Kritik, Zurückweisungen, Ablehnung, Ausschluß oder Ignoriertwerden, die wir als Entwertung erleben. Und zwar als Entwertung unserer Person, unserer Handlungen oder unserer Bedeutung für einen anderen Menschen. In Kränkungen drückt sich tiefe unerfüllte Sehnsucht und der Schmerz der frühen Entbehrungen in der Kindheit aus.
Die in der Kränkung berührten wunden Punkte sind durch frühere verletzende Erfahrungen oder Entbehrungen in uns entstanden. Selbstwertverletzungen sind die Folge der Ablehnung einer Person bis hin zur Infragestellung der Existenzberechtigung ("Es wäre besser, Du wärst nie geboren"), dazu gehören alle Traumatisierungen durch körperliche, sexuelle und emotionale Gewalterfahrungen, Vernachlässigung und Trennungen. Derartige Erlebnisse haben Einfluss auf die Bindungssicherheit eines Kindes und prägen das Ausmaß seiner Näheängste und seines Selbstwertgefühls. Je traumatischer die Vorerfahrungen, um so kränkbarer wird ein erwachsener Mensch reagieren, wenn er befürchtet, wieder zurückgewiesen oder seelisch verletzt zu werden.
Durch Kritik, Zurückweisung, Verlassen- oder Ignoriertwerden können diese alten, unverarbeiteten Verletzungen im Jetzt aktiviert werden und Kränkungsreaktionen auslösen. In denen reagieren wir mit Gefühlen von Ohnmacht, Enttäuschung und Trotz sowie Wut und Verachtung gegen den Kränkenden.
Dahinter sind Gefühle von Schmerz, Angst und Scham verborgen, die oft weder gespürt noch ausgedrückt werden. Die Wahrnehmung, was wir fühlen und was wir brauchen, ist bei Kränkungen getrübt oder gar nicht vorhanden. Dadurch besitzen wir keine Wahlmöglichkeiten mehr, sondern ziehen uns vollständig zurück und brechen den Kontakt zum anderen ab.
Kränkungen sind im Wesentlichen ein spiegelbildliches Geschehen, da beim Kränkenden meist ähnliche Reaktionen ausgelöst werden wie beim Gekränkten. Und das um so mehr, je sensibler er für Kränkungen ist. Der Kränkende wird vermutlich überrascht reagieren und erschreckt darüber sein, was er ausgelöst hat. Er kann sich dann ähnlich schuldig und hilflos fühlen wie der Gekränkte.
Überwindung von Kränkung und Kränkbarkeit gelingt durch Verständnis und Mitgefühl für den Kränkenden, wie er die Situation sieht und warum er sich so und nicht anders verhalten hat. Das macht es leichter, die Verantwortung bei ihm zu lassen und sein Verhalten nicht gegen uns gerichtet zu erleben. Verständnis bedeutet nicht, daß wir uns nicht über die Verletzung ärgern oder uns nicht wehren dürfen. Doch wir werden in der Haltung des Mitgefühls weniger heftig reagieren und den Kränkenden weiterhin wertschätzen.